Roger Krieg

5 Fragen an Roger Krieg

«hier sehe ich eine 4 von 10»

Roger Krieg, MRICS, ist Präsident des Verwaltungsrates und Partner der Alpha IC Schweiz AG.

1. War 2020 ein «Gamechanger» für die Nutzung und Bewirtschaftung von Immobilienflächen oder ist «new work» nur noch eine weit zurückliegende Erinnerung?
Ja, die Thematik hat sich substanziell bei den Firmen verankert. Anfänglich waren sehr disruptive Modelle en vogue, inzwischen gehen die Firmen «new work» mit verschiedenen moderaten Ansätzen an. Für alle ist jedoch wichtig, dass es hybride Lösungen braucht, und das Home Office seinen Platz hat. Aber auch stärkere Tendenzen, wieder im Office die Arbeitskultur leben zu lassen, sind überall sichtbar.

2. Was ist eine «Smart Space Strategy», und wer kommt heute nicht mehr um sie herum?
Es sind alle Organisationen davon betroffen. Einerseits ist es wichtig, wachsen oder schrumpfen zu können. Andererseits geht es darum, die Flächeneffizienz zu erhöhen. Erhebungen zeigen ein klares Bild: Über 40% der Flächen sind dauerhaft nicht belegt. Zudem sollten die FM-Kosten so tief sein. Es geht also darum, soviel Fläche, wie man braucht, zu bespielen und so nicht zu viel Miete und Ausbaukosten zu tragen und keine leeren Flächen mit Betriebskosten zu belasten. Hier sind intelligente Lösungen gefragt.

3. Richten sich Coworking und Coliving nur an gesellige Menschen – oder ist auch in diesen Lebens- und Arbeitsplatzkonzepten Rückzug möglich?
Dies ist schon lange passé. Wir haben zu 80% Firmen von Grössen zwischen 4 und 100 Personen als Mieter. Diese nutzen ihre eigenen Flächen, teilen sich aber Meeting-, Verpflegung- und Community-Zonen. Der grösste Anteil der Flächen sind «Private Offices». Im Alltag erleben wir alle Facetten von Menschen, wie es auch sonst in einer Unternehmung gibt.

4. Smarte Gebäude kennen ihre Nutzer und deren Bedürfnisse: Ist das bequem oder beängstigend?
Auf Grund des Datenschutzes kennt man nicht die individuelle Person, sondern das «Objekt». Die smarten Applikationen helfen, die Abläufe zu verschlanken, was jeder schätzt. Wenn es um persönliche Vorlieben geht, muss der Nutzer seine Freigabe erteilen, wie beispielsweise Empfehlungen aus der Speisekarte aus dem Personalrestaurant.

5. Wo steht die Schweizer Immobilienbranche in der Digitalisierung des Life Cycle Management im internationalen Vergleich?
Die Schweiz steht ganz vorne innerhalb der Branche. Wir können uns gut mit Singapur oder den Vereinigten Arabischen Emiraten vergleichen. Die Branche selbst ist jedoch stark rückständig, hier sehe ich eine 4 von 10. Es ist nach wie vor viel Potential zur Automatisierung vorhanden. Zudem, wie eingangs erwähnt: Wer kann sich leisten, 40% seiner Ressourcen nicht zu nutzen? Hier wäre sicherlich die Industrie schon längst untergegangen.